Auflistung wesentlicher Merkmale auf Checkout-Seite nach § 312j Abs. 2 BGB
Button-Lösung im Onlineshop – so ist es meistens – so muss es sein
Jeder Onlinekunde kennt das Procedere beginnend mit dem Betreten des Onlineshops über das Einsammeln der ausgesuchten Ware bis hin zum abschließenden Onlinekauf. Der wird auf einer eigenen Kassenseite abgewickelt, und zwar unmittelbar vor dem Checkout. Auf der Kassenseite – bildlich gesprochen steht der Onlinebesucher vor der Onlinekasse – wird nochmals alles genau gecheckt, damit nicht zu viel oder nicht zu wenig, und damit auf jeden Fall das Richtige gekauft wird. Im Einzelhandel am Ort geschieht diese letzte Kontrolle damit, dass die in den Regalen eingesammelte Ware aus dem Einkaufswagen herausgenommen und übersichtlich auf das Transportband des Kassenterminals gelegt wird. Noch ist es nicht zu spät, noch können einzelne Waren oder Gegenstände aussortiert, in dem Sinne zurückgegeben werden. Genauso oder vergleichbar muss es auch beim Onlinekauf möglich sein, und natürlich auch bei dem weltweit bekannten Onlineshop mit seinem Amazon-Marketplace.
Um das hier in Deutschland zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber Anfang der 2012er-Jahre die sogenannte Button-Lösung eingeführt. Demzufolge soll der Onlinekunde ganz transparent und sicher erkennen können, ob und wann ein „Klick“ auf der Kassenseite eine finanzielle Verbindlichkeit bedeutet oder anders gesagt Geld kostet. Seit Mitte der 2010er-Jahre ist diese Handhabung im Zuge der damaligen Reform des Verbraucherschutzrechts in § 312j BGB, des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt, und zwar im direkten Zusammenhang mit § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummern 1, 4, 5, 11 und 12 des Einführungsgesetzes zum BGB. Doch was der Gesetzgeber als Gesetz einführt, das wird in der freien Wirtschaft noch lange nicht als solches akzeptiert und Eins zu eins übernommen. Die Folge davon sind rechtliche Unstimmigkeiten bis hin zu Streitigkeiten mit Gerichtsurteil.
Ein solches Urteil aus Anfang 2019 betrifft die praktische Anwendung der Button-Lösung auf der Amazon-Onlineplattform Marketplace. Hier haben Drittanbieter die Möglichkeit, zusätzlich zu den eigenen, regulären Amazon-Angeboten selbst neue oder gebrauchte Produkte sowie Waren anzubieten und zu verkaufen. Indem sich die Drittanbieter auf dem Amazon-Marketplace „einkaufen“, erhalten Sie einen direkten Zugriff auf die Amazon-Kundenbasis. Umgekehrt erweitert der Onlinemulti ohne jede weitere Investition sein Websiteangebot.
Jeder Drittanbieter auf Amazon-Marketplace ist für sich selbst verantwortlich, ist jedoch an die Vorgabe der Amazon-Plattform mit Hardware und Software gebunden. Was Amazon richtig macht, das gilt automatisch auch für die Marketplace-Benutzer; umgekehrt ist es allerdings genauso. Und genau das ist die Krux, die jetzt zu einem beachtenswerten OLG-Urteil des Oberlandesgerichtes München geführt hat. Kläger war die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e.V., kurz Wettbewerbszentrale, und Beklagter der Onlineanbieter Amazon-Marketplace.
Merkmale auf Amazon-Marketplace zum Checkout nicht ausreichend
Bemängelt wurde von der Wettbewerbszentrale, dass sich der Anbieter nicht an die Vorgaben des § 312j BGB halte, und dass diese Nichteinhaltung direkte Folgen für alle Marketplace-Benutzer habe. Die seien als eigenständige Unternehmer haftbar, obwohl sie den Gesetzesverstoß nicht verschulden, weil ihnen die Plattform so von Amazon vorgegeben werde.
Der Kunde muss vor dem endgültigen „Klick Kaufen“ nicht nur über den Preis, sondern auch über die „wesentlichen Merkmale“ seines gesamten Einkaufs informiert werden. Auf Amazon-Marketplace wird der Onlinekunde an dieser Stelle mit einem Link auf die jeweils betreffende Produktdetailseite weitergeleitet. Bei einem stark diversifizierten Einkauf mit mehreren bis vielen unterschiedlichen Artikeln ergibt das einige bis mehrere oder gar zahlreiche Links. Das fördert nicht, sondern untergräbt die Übersichtlichkeit, die der Gesetzgeber mit dem Verbraucherschutzrecht schaffen und fördern will.
Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass Marketplace und Homepage jedes einzelnen Drittanbieters dadurch höchst unübersichtlich werden, dass diese besonderen Informationen zu dem Onlinekauf allesamt auf der Seite Checkout platziert werden. Zu diesen Merkmalen gehören solche Informationen wie die Lebensmittelkennzeichnung, wie eine genaue Produktbezeichnung oder die Energiekennzeichnung.
Das nichtrevisionsfähige OLG-Urteil ist endgültig und besagt, dass
• eine Verlinkung nicht zulässig ist
• die derzeitige Gestaltung der Amazon-Plattform nebst dem Marketplace rechtswidrig ist
• die Plattformbenutzung, anders formuliert, illegal ist und Rechtsfolgen haben kann
Derartige mögliche Rechtsfolgen hat Amazon selbst auch deswegen eher nicht zu befürchten, weil der Plattformbetreiber trotz Endgültigkeit des OLG-Urteils eine Nichtzulassungsbeschwerde erwägt. Ganz anders hingegen ist die Situation für jeden einzelnen Drittanbieter auf Amazon-Marketplace. Hier sind weder vergleichbares Standing noch finanzielle Ressourcen vorhanden. Bei der ersten Abmahnung nebst Unterlassungsklage sind viele von ihnen schnell finanziell am Ende. Der Drittanbieter muss Amazon-Marketplace verlassen, was wiederum wirtschaftliche Konsequenzen mit fehlendem Umsatz und Gewinn zur Folge hat.
Dazu eine nähere Betrachtung der Rechtsgrundlagen
Die OLG-Richter mussten in ihrem Urteil nebst der Begründung einen Spagat vollziehen, der ihnen nicht gelingen konnte.
• Im Fokus steht der Verbraucherschutz im Interesse des Onlinekunden
• Die Einhaltung des Gesetzes, so wie in dem Urteil geschehen, hemmt die Übersichtlichkeit ganz wesentlich
• Mehr Übersichtlichkeit durch ein zulässiges Verlinken verstößt jedoch gegen geltendes Recht
• Ein Gericht wie das OLG kann nicht konra Recht und Gesetz entscheiden, sondern es kann vielmehr lediglich anregen oder vorgeben, dass die aktuelle Gesetzgebung geändert, sprich der machbaren Praxis angepasst wird
• Gefragt sind jetzt, wenn sie sich denn des Falles annehmen, die zuständigen Bundesminister, das Bundeskabinett sowie anschließend der Gesetzgeber mit Bundestag und Bundesrat im Hinblick auf eine Geetzesänderung
In § 312j sind die besonderen Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr gegenüber dem Verbraucher geregelt
Nach Absatz 2 „…..muss bei einem Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen gemäß Artikel 246a § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 4, 5, 11 und 12 des Einführungsgesetzes zum BGB klar sowie verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung stellen, und zwar unmittelbar bevor die Bestellung abgegeben wird …..“.
Jetzt wird es interessant, denn in Artikel 246a werden die Informationspflichten des Onlineanbieters gegenüber dem Onlinekunden im Einzelnen aufgeführt. Von den insgesamt etwa anderthalb Dutzend Pflichtinformationen sind die folgenden am wichtigsten und waren auch eine entscheidende Grundlage für das OLG-Urteil:
• die wesentlichen Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung in einem für das Kommunikationsmittel und für die Ware und Dienstleistung angemessenen Umfang
• der Gesamtpreis der Ware oder Dienstleistung einschließlich aller Steuern und Abgaben, oder in den Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und alle sonstigen Kosten, oder in den Fällen, in denen diese Kosten nicht im Voraus berechnet werden können die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können
• im Fall eines unbefristeten Vertrages oder eines Abo-Vertrages der Gesamtpreis. Der umfasst die pro Abrechnungszeitraum anfallenden Gesamtkosten sowie wenn dafür Festbeträge in Rechnung gestellt werden ebenfalls die monatlichen Gesamtkosten. Können die vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden, ist die Art der Preisberechnung anzugeben
• gegebenenfalls die Laufzeit des Vertrages oder die Bedingung der Kündigung des unbefristeten oder sich automatisch verlängernden Vertrages
• gegebenenfalls die Mindestdauer der Verpflichtung, die der Verbraucher mit dem Vertrag eingeht
Der Onlineanbieter muss die Bestellsituation so gestalten, dass der Onlinekäufer mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, dann ist diese Pflicht des Unternehmers nur dann erfüllt, wenn die Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Trifft das so nicht zu, kommt der Vertrag nicht zustande. In diesem Fall hat der Onlinekäufer ein unbegrenztes Rückgabemöglichkeit; darüber hinaus handelt es sich um einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß mit den sich daraus für den Onlinehändler ergebenden Konsequenzen.
Alternativ zulässige Bezeichnungen sind
• kostenpflichtig bestellen
• jetzt kaufen
• zahlungspflichtigen Vertrag abschließen
Zu den unzulässigen Bezeichnungen gehören Formulierungen wie
• Bestellen
• Anmelden
• Bestellen und Kaufen
• Kaufen
• Bestellung abgeben
• ….. und andere Wortschöpfungen
In der Bundestagsdrucksache BT 17/7745 Seite 10 wird hierzu folgendes erläutert und klar gestellt
„…..Die Informationen müssen in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Bestellabgabe stehen. Wenn wie üblich die Bestellung über eine Schaltfläche erfolgt, dann müssen die Informationen in räumlicher Nähe zu der Schaltfläche für die Bestellung angezeigt werden, um das Merkmal der Unmittelbarkeit zu erfüllen. Es genügt nicht, wenn die Informationen erst über einen gesonderten Link zu erreichen oder nur einem gesondert herunterzuladenden Dokument zu entnehmen sind …..“.
Und auch das EU-Recht ist mit seinem Art. 8 Absatz 2 RL 2011/83/EU zu dieser Merkmals- und Informationspflicht zweifelsfrei formuliert. „…..Wenn ein auf elektronischem Wege geschlossener Fernabsatzvertrag den Verbraucher zur Zahlung verpflichtet, dann weist der Unternehmer den Verbraucher klar, in hervorgehobener Weise und unmittelbar bevor dieser seine Bestellung tätigt, auf die in Art. 6 Abs. 1 Buchstaben a, e, o und p genannten Informationen hin …..“.
Als Fazit bleibt festzuhalten
dass EU-Recht sowie deutsche Gesetzgebung und Rechtsprechung unisono in dieselbe Richtung gehen.
Dennoch ist mit diesem OLG-Urteil zwar Recht gesprochen, das originäre Ziel des Gesetzgebers im Sinne des Verbraucherschutzes mit einem Höchstmaß an Übersichtlichkeit jedoch nicht erreicht worden.
Nach der zurzeit aktuellen Rechtslage müssen Onlinehändler sowie Onlineplattformen wie Amazon-Marketplace & Co. ihre Plattform ändern, um
• sich rechtskonform zu verhalten
• jegliches Risiko auf unliebsame bis kostspielige Abmahnungen mit Unterlassungsklagen und dergleichen zu vermeiden
Es darf vermutet werden, dass die darauf spezialisierte Branche mit Anwaltskanzleien und Inkassounternehmen schon in den Startlöchern steht. Doch wie so oft im Leben trifft es eher die Kleinen und keinesfalls die Großen.