Am 3. Juni 2020 hat der Koalitionsausschuss ein umfassendes Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket verabschiedet. Ziel soll es sein, die geschwächte Wirtschaft wieder anzukurbeln, um so den Wohlstand zu sicherzustellen. Des Weiteren soll das Maßnahmenpaket mehr Geld für Familien und Kommunen zur Verfügung stellen, indem es zum Beispiel für Entlastungen beim Strompreis sorgt. Auch Zukunftsbereiche wie maschinelles Lernen, Quantentechnologie und künstliche Intelligenz sollen gefördert werden, um die Zukunftsfähigkeit des Landes zu stärken. Zudem sieht das Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket eine vorübergehende Anpassung der Mehrwertsteuer vor, die gerade auch Shopbetreiber betrifft. Sie müssen die neue Mehrwertsteuer korrekt mit 16 Prozent beziehungsweise 5 Prozent auszeichnen, da sonst die Gefahr einer Verbrauchertäuschung besteht. Im Folgenden erfahren Sie, welche Anpassungen Sie im Detail vornehmen müssen.
Wie genau wirkt sich die Anpassung des Mehrwertsteuersatzes aus?
Im Rahmen des Maßnahmenpakets der Großen Koalition wurde beschlossen, dass in der Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 der Mehrwertsteuersatz reduziert werden soll. Dadurch soll der private Konsum angetrieben werden. Im Detail sehen die neuen Mehrwertsteuersätze folgendermaßen aus:
- Der generelle Mehrwertsteuersatz wird von 19% auf 16% reduziert.
- Der reduzierte Mehrwertsteuersatz wird von 7% auf 5% herabgesetzt.
Die Mehrwertsteuersenkung ist bis Ende des Jahres befristet – ab dem 1. Januar 2021 werden also aller Voraussicht nach wieder die bisherigen Steuersätze gelten. Für Shopbetreiber bringt das einen gewissen Aufwand mit sich, denn in vielen E-Commerce-Systemen ist der Mehrwertsteuersatz im Quellcode verankert. Grund dafür ist die Annahme, dass sich der Steuersatz in aller Regel nicht ändert. In der Folge müssen die verschiedenen Kanäle wie Webseite, Apps, Marketplaces oder Onlineshop nun einzeln angepasst werden. Ferner muss im Rahmen der Realisierung bedacht werden, dass die Anpassung der Mehrwertsteuersätze nur bis Ende des Jahres gültig ist. Ab dem 1. Januar 2021 ist dann der Status quo wiederherzustellen. Je nach verwendeter Software kann der Aufwand folglich recht hoch sein.
Was bedeutet die Steuersenkung für Shopbetreiber?
Für Shopbetreiber bedeutet die Anpassung des Mehrwertsteuersatzes vor allen Dingen, dass sie schnell handeln müssen. In ihrem Shopsystem müssen sie den Steuersatz anpassen, der sich insbesondere in den Rechnungen, während des Bestellprozesses und in den Produktpreisen bemerkbar macht. Nächstes Jahr muss dann auch die Steuererklärung an das zuständige Finanzamt die reduzierten Mehrwertsteuersätze berücksichtigen. Wie der Mehrwertsteuersatz im verwendeten Shopsystem angepasst wird, ist von der jeweiligen Software abhängig. Meist ist die Implementierung mit mehreren Optionen verbunden, die teils weniger, teils mehr Aufwand bedeuten. In manchen Fällen stehen Plug-ins zur Verfügung, in wieder anderen Fällen muss der Mehrwertsteuersatz manuell angepasst werden. Pauschale Aussagen zu treffen, ist daher schwierig. Shopbetreiber sollten außerdem bedenken, dass sie sich entscheiden müssen, ob sie infolge der Steuersenkung die Netto- oder Bruttopreise anpassen möchten. Wird der Bruttopreis angepasst, profitieren die Kunden durch günstigere Preise. Wird hingegen der Nettopreis angepasst, bleiben die Kosten für die Kunden gleich – dann profitiert der Shopbetreiber selbst von einer höheren Gewinnspanne. Grundsätzlich ist kein Unternehmen dazu verpflichtet, die eingesparte Umsatzsteuer an seine Kunden weiterzugeben. Es könnte allerdings sein, dass die Kunden beim Einkaufen darauf achten werden. Es lohnt sich daher, mit Weitblick zu entscheiden.
Wie ist mit dem gesenkten Mehrwertsteuersatz umzugehen?
Grundsätzlich richtet sich die Erhebung der Mehrwertsteuer nach dem Leistungsdatum, also dem Zeitpunkt der Leistungserbringung, und nicht dem Rechnungsdatum. In aller Regel tritt dieser Zeitpunkt mit der Auslieferung des Produkts ein. Leider wird in vielen E-Commerce-Systemen zur Rechnungserzeugung der Steuersatz der Bestellung herangezogen. Problematisch ist das, wenn der Bestellzeitpunkt im Juni liegt, das Produkt aber im Juli ausgeliefert wurde. Dann nämlich würde die Rechnung folglich nicht wie vorgeschrieben mit 16% beziehungsweise 5%, sondern mit 19% beziehungsweise 7% ausgestellt – mit einem falschen Steuersatz also. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit dieser Situation umzugehen. So werden manche Shopbetreiber ihren Onlineshop am 30. Juni schließen, um alle Bestellungen abzuwickeln. Wieder andere Onlinehändler haben sich dafür entschieden, die automatische Rechnungserstellung zu pausieren. Die noch offenen Bestellungen müssen dann jedoch manuell angepasst werden. Hinzu kommt, dass Differenzbeträge, die durch einen bereits abgewickelten Zahlungsprozess entstanden sind, dem Kunden gegebenenfalls wieder gutschrieben werden müssen. In beiden Fällen kann die Rechnungserstellung im Anschluss wie gewohnt durchgeführt werden.
Wo müssen Shopbetreiber Anpassungen vornehmen?
Um Abmahnungen vorzubeugen, sollten Shopbetreiber ihre Rechnungsstellung so gestalten, dass sie den neuen Anforderungen entspricht. Innerhalb ihres Onlineshops sollten sie zudem darauf achten, dass Angaben zur Höhe des Steuersatzes im Rahmen der Angebote, Preisangaben und Artikelbeschreibungen rechtzeitig angepasst werden. Denn falsche Angaben können an dieser Stelle dazu führen, dass Shopbetreiber Gefahr laufen, wegen einer Irreführung über die in den Preisen enthaltene Steuer angegangen zu werden. Das gilt natürlich auch für Auftrags- und Bestellbestätigungen, die per E-Mail beim Kunden eingehen. Zudem werden im Verlauf des Bestellvorgangs, vor allem auf der finalen Bestellseite, die im Preis enthaltenen Steuerbeträge angegeben. Auch hier muss das E-Commerce-System rechtzeitig umprogrammiert werden. Ein weitverbreitetes Problem ist zudem die Angabe des Steuersatzes in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) . Auch hier sind Anpassungen erforderlich. Am besten wird die Angabe des Mehrwertsteuersatzes vollständig ausgelassen, denn generell ist sie entgegen weitverbreiteter Annahmen keinesfalls erforderlich. Überhaupt lässt sich sagen, dass jene Shopbetreiber, die keinen konkreten Mehrwertsteuersatz angeben, es in der derzeitigen Situation einfacher haben. Übrigens: Handlungsbedarf besteht nicht nur im Onlineshop an sich, sondern gegebenenfalls auch auf Verkaufsplattformen wie eBay oder Amazon. Auch hier muss darauf geachtet werden, dass nicht mit einem falschen Steuersatz geworben wird. Shopbetreiber, die von vollumfänglichen Anpassungen betroffen sind, tun aufgrund des nicht unerheblichen Aufwands gegebenenfalls gut daran, die Mehrwertsteuersenkung in ihrem Onlineshop sorgfältig abzuwägen. Denn grundsätzlich führt die Anpassung des Mehrwertsteuersatzes nicht dazu, dass die Onlinehändler etwas an ihrer Preisgestaltung ändern müssen. Zum aktuellen Zeitpunkt spricht also nichts dagegen, die Preise auch über den 1. Juli 2020 hinaus unverändert zu lassen.
Fazit
Zum 1. Juli 2020 tritt im Rahmen des Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets des Koalitionsausschusses die neue Mehrwertsteuerregelung in Kraft. Der aktuell gültige Satz wird zum Jahresende auf 16% beziehungsweise 5% herabgesetzt. In der Folge sollten sich vor allem Shopbetreiber, die Privatkunden bedienen, im Vorfeld genau überlegen, ob sie die Steuersenkung an ihre Kunden weitergeben möchten oder nicht. Denn alternativ haben sie auch die Möglichkeit, die Preise stabil zu lassen, um selbst von der Steuersenkung zu profitieren, was in der aktuellen Situation absolut verständlich wäre. Zudem sollten Onlinehändler sicherstellen, dass sie die neuen Mehrwertsteuersätze zum 1. Juli bei all ihren Produkten korrekt ausweisen. Eine Übergangsfrist ist aktuellen Informationen zufolge nicht geplant – es gilt daher, möglichst schnell zu handeln. Mehr Informationen zum Thema finden sich auf der Webseite des Bundesministeriums der Finanzen.